Ein Jazzer, so sagt man, spiele eine Melodie niemals auf die selbe Weise. Er entdeckt sie immer wieder neu, variiert, erfindet sie. Und ein Jazzer wie Quincy Jones, der dieses Spiel seit sieben Jahrzehnten schon spielt, ist nicht zu haben, für ein Interview wie andere Interviews. Mehr als 9000 Kilometer entfernt, in Los Angeles, Kalifornien, schmunzelt Quincy Jones. Er hat, als Produzent, Arrangeur, Musiker, mit den Größten des Jazz zusammengearbeitet, hat die Musik für unzählige Kinofilme geschrieben, hat Michael Jackson zum Superstar gemacht. „It blows my mind too“, sagt er. „Sometimes it feels like somebody else“ - manchmal kann er all das selbst nicht fassen, glaubt, es sei einem anderen widerfahren.
Ganz locker kann Quincy Jones die großen Namen fallen lassen. Er hat sie alle gekannt - Dizzy Gillespie, Lionel Hampton, Frank Sinatra. In den 1960er Jahren nahm er in New York ein Jazzalbum mit Nana Mouskouri auf, die Jahre später zum Star des deutschen Schlagers werden sollte. An Charles Aznavour erinnert er sich, an Sarah Vaughan, Aretha Franklin, Ella Fitzgerald, Billy Eckstine. „Als ich 14 war bin ich mit Billie Holiday aufgetreten“, sagt er.
„Ein Produzent muss viel Liebe, Vertrauen und Respekt für die Musiker haben“, sagt Quincy Jones. „Selbst dann, wenn er mit Sinatra arbeitet. Aber der Song ist fast noch wichtiger als der Sänger. Ein großartiger Song kann den schlechtesten Sänger der Welt zu einem Star machen. Das ist die Macht, die der Song besitzt.“ Um einen guten Song zu erkennen, fügt er hinzu, sollte man allerdings seine Hausaufgaben gemacht haben. „The Soul and the Science“ - das ist es, was für Quincy Jones den Musiker, Produzenten ausmacht: Gefühl, Wissen und technisches Können. „An deinem Feeling brauchst du nicht zu arbeiten, aber ein Musiker sollte immer wissen, was er tut.“
Musik, sagt Quincy Jones, ist Veränderung. „Natürlich ist heute alles anders, als damals! Als ich angefangen habe, hatten der Jazz und der Blues eben erst begonnen, die Welt zu erobern. Heute kennen die jungen Musiker ihre Möglichkeiten sehr genau. Vor einigen Jahren war das noch nicht so. Da gab es nur die zwei Gitarren, den Bass und das Schlagzeug. So war das 65 Jahre lang. Ich weiß noch, wie ich die Beatles traf, 1962. Die waren ja noch gar nicht in den USA gewesen. Paul und John und ich wetteten, dass sie niemals groß werden würden, in Amerika. Falsch!“ - Quincy Jones lacht, lange.
Dem Jazz verlieh er mit seinen perfekten Arrangements Glanz, stets war er am Puls seiner Zeit, schlug als einer der ersten Brücken vom Jazz zur Popmusik. Auch heute noch arbeitet Quincy Jones gerne mit jungen Talenten zusammen. Der britische Multinstrumentalist Jacob Collier, 23 Jahre alt, wird beim Jazz Open 2017 mit ihm mit ihm auftreten - „Er ist ein absolutes Genie“, schwärmt Quincy Jones. Vor mehr als 50 Jahren war es ein anderes junges Talent, das er förderte: „In den Sechzigern, als es mit dem Rock 'n Roll losging, dachten alle, Jazzer könnten das nicht bringen - aber ich fand Lesley Gore, Mann, und wir brachten es.“ Lesley Gore, 17 Jahre alt, sang „It's my Party“, und ist unvergessen.