DAF kamen aus Düsseldorf, das in den späten 1970er Jahren schon über einen eigenen Sound verfügte. Der Weg von Neu! und dem minimalistischen Schlagzeugsound Klaus Dingers zu DAF scheint nicht weit zu sein.
Heute weiß ich das zu schätzen. Wir haben später dann ja auch im Studio von Conny Planck gearbeitet. Bands wie Kraftwerk, Neu! oder La Düsseldorf waren damals in Düsseldorf allerdings gar nicht beliebt. Das waren Hippies, und wir waren Punks. Wir sahen das alles als blöde Musik an.
Jürgen Teipel benannte sein Buch „Verschwende deine Jugend“ nach einem Song von DAF. Mit dem Buch waren Sie seinerzeit nicht einverstanden. Wie denken Sie heute darüber?
Einige Zeit habe ich konkret rechtliche Schritte erwogen. Ich fand manches nicht gut: dass er einen Titel von uns verwendet hat, dass wir, als wir mit ihm sprachen, nicht wussten, dass das ein Buch werden sollte. Es gab einige Zitate, die ich zweifelhaft fand. Ich steh’ nicht darauf, wenn mir etwas vorgelogen wird. Aber andrerseits hat
uns das viel Promotion eingebracht. Also ist das alles längst vergeben und vergessen.
Heute gibt es ein ausgeprägtes 80s’-Revival. Nicht nur DAF, auch zahlreiche andere Bands dieser Zeit treten wieder auf und veröffentlichen Platten, viele junge Bands berufen sich auf sie als Vorbilder. Woher kommt das?
Das ist nicht irgendein Revival. Die 1980er Jahre haben eine ganz spezielle Bedeutung für die Musik, die heute gemacht wird. Alles ist in den 1980ern entstanden – der Sampler, der Synthesizer. Die 1980er waren die
Stunde null des Jahres 2000. Schon 2003 wurde gesagt, das ist nun ein 1980er-Revival. Es ist ein Muster, das seit zehn Jahren benutzt wird, um den Pop-Korpus zu penetrieren.
Gibt es Musiker, von denen DAF selbst beeinflusst wurden?
DAF haben immer jeden Einfluss vermieden. Wir haben immer alles weggeworfen, wenn es uns an etwas erinnert hat. Wir wollten immer nur Stücke machen, die man noch nicht kannte, die an nichts erinnerten.
Kann heute, in einer Zeit, in der eigentlich nur noch Retro- und Zitate-Pop produziert wird, eine solche Herangehensweise überhaupt noch funktionieren?
Natürlich. Ein Synthesizer ist wie ein weißes Blatt. Wenn einer sagt: Ich mache Computermusik, dann kann das alles bedeuten. Je verbrauchter die Töne sind, desto wilder experimentieren die jungen Männer.
Welche Musik finden Sie selbst interessant, im Jahr 2011?
Es gibt unglaublich viel gute Musik, obskures Zeug. Und es gibt natürlich auch Welten, in denen Musik viel besser funktioniert als in unserer – im lateinamerikanischen Raum zum Beispiel, in New York. Im Augenblick gefällt mir der Rapper Busdriver sehr gut.
Wie sieht heute ein Konzert von DAF aus?
Pure Elektronik, wie sie ist, das Schlagzeug live, und ich singe. Es ist alles sehr unmittelbar. Ich mache so ziemlich genau das, was mir einfällt. Ich habe einen unheimlich guten Wortkatalog. Ich kann aufspringen und ein Programm abliefern, auch auf Zuruf, zu beliebigen Themen. Deutsch und Spanisch sind die Sprachen die ich sehr gut spreche,
ich liebe beide Sprachen, das Deutsche, weil es so viele Konsonanten hat, und das Spanische, weil es so viele Vokale hat.
In einem Interview vor einigen Jahren sagten Sie, die Musik von DAF sei immer aktuell. Worin besteht die Aktualität von DAF heute?
DAF ist die modernste Musik mit den modernsten Texten, die man hören kann. Die Medien haben heute überhaupt kein Interesse mehr daran, überhaupt etwas Neues herauszubringen. Deshalb wird es immer einfacher für DAF, aktuell zu sein.
Stuttgarter Nachrichten, 15. März 2011